Das ist kein Inklusionsgesetz
Der Entwurf des indirekten Gegenvorschlags zur Inklusions-Initiative liegt vor. Im ersten Moment schürt dieses «Inklusionsgesetz» Hoffnungen. Bei genauer Analyse wird klar: Der aktuelle Entwurf wird die Lebenssituation von 1,9 Millionen Menschen mit Behinderungen nicht verbessern. Hier erfahren Sie weshalb.
Der Bundesrat will unsere Meinung zum Entwurf des Gegenvorschlags kennen. Dieser Prozess nennt sich Vernehmlassung und dauert bis am 16. Oktober 2025.
Das sind unsere wichtigsten Kritikpunkte am Entwurf des Bundesrats:
Nur ein Viertel der Menschen mit Behinderungen wird vom neuen Inklusionsgesetz erfasst.
Das Geld geht weiterhin an Institutionen. Menschen mit Behinderungen dürfen nicht frei wählen, wie und wo sie wohnen wollen.
Das Gesetz kümmert sich nur um das Wohnen. Wichtige Lebensbereiche, wie Bildung Arbeit, Kultur, Freizeit oder Verkehr fehlen.
Bemerkung: Der indirekte Gegenvorschlag setzt sich aus zwei Teilen zusammen: Der Schaffung eines neuen Inklusionsgesetzes (InG) und Anpassungen im Invalidenversicherungsgesetz (IVG). Zusätzlich soll das Bundesgesetz über die «Institutionen zur Förderung der Eingliederung von invaliden Personen (IFEG)» aufgehoben werden.
Das kritisieren wir am neuen Inklusionsgesetz
Das Inklusionsgesetz erfasst nur Personen, welche eine Leistung der Invalidenversicherung beanspruchen. Das sind rund 450’000 Personen. In der Schweiz leben aber mehr als 1,9 Millionen Menschen mit Behinderungen. Somit erfasst das neue Inklusionsgesetz nur einen Viertel der Menschen mit Behinderungen in der Schweiz. So kann nicht von einem Inklusionsgesetz gesprochen werden! Das Gesetz muss zumindest grundsätzlich alle 1,9 Millionen Menschen mit Behinderungen erfassen.
Die vorgeschlagenen Gesetzesbestimmungen zeigen, dass kein Gesamtkonzept vorhanden ist. Der Fokus im neuen Inklusionsgesetz wird alleine auf den Bereich Wohnen gelegt. Wohnen ist wichtig. Aber was ist mit all den anderen Lebensbereichen wie Bildung, Arbeit, öffentlicher Verkehr, Freizeit und Sport?
Doch selbst für den Bereich Wohnen sind die Vorschläge im Entwurf ungenügend. Das neue Gesetz legt nach wie vor zu viel Gewicht auf das Wohnen in Institutionen, statt das selbständige Wohnen zu fördern.
Das neue Gesetz ist zu wenig konkret und nicht verpflichtend.
Keine konkreten Vorgaben.
Kein verbindlicher, gesamtschweizerischer Aktionsplan.
Kein Monitoring.
Wie sollen wir ohne Strategie und Aktionspläne zu einer inklusiven Gesellschaft gelangen? Fortschritte müssen regelmässig überprüft werden. Ein Umsetzungsplan muss messbare Ziele, Partizipation und Monitoring enthalten.
Das kritisieren wir an den Änderungen im Invalidenversicherungsgesetz
Im diesem Teil des Gegenvorschlags schlägt der Bundesrat nur sehr wenige Änderungen vor. Die vorgeschlagenen Änderungen begrüssen wir zwar. Sie reichen aber bei weitem nicht aus!
Ein Kernanliegen der Inklusions-Initiative ist es, dass ein selbstbestimmtes Leben von Menschen mit Behinderungen endlich ermöglicht wird. Dazu braucht es einen verbesserten Zugang zum Assistenzbeitrag, Hilfsmitteln und persönlichen Dienstleistungen. Das System muss vereinfacht werden und die Leistungen in den Bereichen Wohnen, Arbeit und gesellschaftliche Teilhabe müssen ausgebaut werden.
Unser Fazit: Wo Inklusion draufsteht, muss auch Inklusion drin sein! Soll der Gegenvorschlag wirklich eine Antwort auf die Anliegen der Inklusionsinitiative sein, dann muss die Vernehmlassungsvorlage die Anliegen von Menschen mit Behinderungen aufnehmen und grundlegend überarbeitet werden.
MACH MIT, DENN DEINE MEINUNG ZÄHLT!
Die Stimme des Vereins für eine inklusive Schweiz alleine ist nicht laut genug. Wir brauchen jetzt die Rückmeldung aller Menschen, die unsere Initiative unterschrieben haben. Mach mit, und verfasse deine eigene Vernehmlassungsantwort als Postkarte! Damit der vorliegende Entwurf des Inklusionsgesetzes nachhaltig verbessert wird!
Wir haben vorfrankierte Postkarten vorbereitet, die du einfach bestellen kannst. An einer Aktion überreichen wir dem Bundesrat und zuständigen Departement die gesammelten Rückmeldungen. Bestelle jetzt deine Postkarte und hilf mit, das Inklusionsgesetz zu verbessern!
Einsendeschluss ist der 15. September 2025! Also nichts wie los!
Was fordert die Inklusions-Initiative?
Viele Menschen mit Behinderungen sind gezwungen, in Institutionen zu leben. Die Inklusions-Initiative fordert, dass alle Menschen das Recht auf freie Wohnform und Wohnort haben.
Menschen mit Behinderungen werden in vielen Bereichen ausgeschlossen. Dies betrifft beispielsweise Wohnen, Bildung, ÖV, Kultur, Dienstleistungen und Bauten. Die Inklusions-Initiative fordert ein Ende der Diskriminierung.
Die Ausübung einer beruflichen oder politischen Tätigkeit ist für viele Menschen mit Behinderungen erschwert. Die Inklusions-Initiative fordert mehr Assistenz, damit Menschen mit Behinderungen vollumfänglich am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können.
Breite Unterstützung für die Initiative
Hinter der Inklusions-Initiative steht ein breit abgestütztes, überparteiliches Initiativkomitee, ein Bürger:innen-Komitee und unterstützende Organisationen. Die Initiative wurde am 5. September 2024 in Bern eingereicht und ist mit 107'910 gültigen Unterschriften zustande gekommen.
Hinter der Vernehmlassungsantwort steht der Verein für eine inklusive Schweiz. Er ist die Trägerorganisation der Inklusions-Initiative, die im September 2024 eingereicht wurde.