Entwurf zum Gegenvorschlag: eine verpasste Chance

Der Bundesrat hat heute einen indirekten Gegenvorschlag zur Inklusions-Initiative in die Konsultation geschickt. Der Entwurf für ein Inklusionsgesetz ist eine Enttäuschung. Er bleibt weit hinter den Erwartungen und Forderungen von Menschen mit Behinderungen zurück, die sie am 12. Juni in dem Manifest «Schlüssel zur Inklusion» an die Parlamentarier:innen überreicht hatten. 

«Das vorliegende Inklusionsgesetz ist eine verpasste Chance – es greift viel zu kurz. Wenn Bundesrat und Parlament nicht den Mut haben, die Forderungen von 1.9 Millionen Menschen mit Behinderungen nach echter Gleichstellung umzusetzen, zementieren wir Ausgrenzung statt sie zu überwinden.» sagt Nationalrat Islam Alijaj, Mitinitiant der Inklusions-Initiative und Präsident des Vereins für eine inklusive Schweiz.

Gemessen an den Forderungen der Inklusions-Initiative und dem von über 2000 Personen unterzeichneten Manifest, bleibt der Entwurf zum Inklusionsgesetz weit hinter dem zurück, was für eine menschenrechtsbasierte Inklusionspolitik nötig wäre. Er adressiert nur einzelne Lebensbereiche wie das Wohnen, während echte Inklusion sämtliche Lebensbereiche umfassen muss – von Bildung und Arbeit über Mobilität bis hin zur politischen Teilhabe. Die zentrale Forderung nach einem umfassenden, verbindlichen Gesetz, das die Umsetzung der UNO-Behindertenrechtskonvention (UNO-BRK) systematisch verankert, bleibt weitgehend unberücksichtigt.

Denn Inklusion betrifft alle Lebensbereiche. Ziel ist ein System, das individuelle Lebensentwürfe ermöglicht und echte Wahlfreiheit schafft. Dafür braucht es einen Wandel - weg von getrennten Strukturen und hin zu einem gesellschaftlichen Miteinander. Unterstützungsleistungen wie persönliche Assistenz oder geeignete Hilfsmittel müssen gesichert und ausgebaut werden. Wenn im Inklusionsgesetz nicht alle Bereiche auf einmal geregelt werden können, sind zumindest verbindliche Planungsinstrumente und organisatorische Vorkehrungen für die kontinuierliche Umsetzung der UNO-BRK nötig. Bund und Kantone sollen regelmässig Strategien mit klaren Prioritäten entwickeln, die in Aktionsplänen mit klaren Fristen und messbaren Zielen konkretisiert werden - unter verbindlicher Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen und ihren Organisationen.

Die nun beginnende Konsultation ist die letzte Chance, den Entwurf vor der parlamentarischen Behandlung entscheidend zu verbessern. Es liegt am Eidgenössischen Departement des Innern (EDI), jetzt der Zivilgesellschaft und den vielen Behinderten-Organisationen zuzuhören und deren Rückmeldungen ernst zu nehmen. 

Kontext Manifest «Schlüssel zur Inklusion»:

Die Aktion brachte Menschen mit und ohne Behinderungen sowie Fachorganisationen zusammen, um ein gemeinsames Manifest an politische Entscheidungsträger:innen zu überreichen. Der symbolische «Schlüssel zur Inklusion» steht für die Forderung, inklusive Strukturen in allen Bereichen der Gesellschaft wirksam umzusetzen. Ziel ist es, das Bewusstsein für die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu schärfen und konkrete politische Schritte für eine gleichberechtigte Teilhabe gemäss der UN-BRK anzustossen.

Das Manifest «Schlüssel zur Inklusion» kann ab sofort unterzeichnet werden auf: www.inklusions-initiative.ch/schluessel-zur-inklusion 

Der Verein für eine inklusive Schweiz ist Trägerverein der Inklusions-Initiative und wird gestützt von Agile, Amnesty International Schweiz, Inclusion Handicap, Stiftung für direkte Demokratie und Verein Tatkraft, die zusammen über 50 Organisationen vertreten. Mehr Informationen finden Sie unter: www.inklusions-initiative.ch.

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